Die Landwirtschaft - der Eckpfeiler der kongolesischen Wirtschaft?


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Die Landwirtschaft ist der Eckpfeiler der kongolesischen Wirtschaft, und  beschäftigt  3/4 der arbeitenden Bevölkerung. Die Weltbank (WB) schriebt weiter, das die Landwirtschaft das größte Potenzial für die Verringerung der Armut bietet.

Warum sind dann die Märkte hier so leer, trotz reichlich Sonnenschein, Regen und Land. Abgesehen von Maniok, Mais, Reis, Kochbananen und Bohnen – gibt es selten etwas. Jeder Türkische Laden in Deutschland, egal wie klein, hat eine Vielzahl mehr an Auswahl, als all unsere Märkte in einer 800,000 Menschen Stadt. Warum ist das so?

Maniok scheint das Leibgericht der Kongolesen zu sein. Die Wurzel der so schnell wachsende Pflanze wird getrocknet, in großen Mörsern zermahlen und in Klöße die FUFU genannt werden gekocht, oder danach in Bananenblättern fermentiert was dann als Chikwon gegessen wird – am liebsten mit Fleisch. Fleisch, ja auf der ganzen Welt beliebt, hat hier auch eine Status-hebende Rolle, denn Fleisch ist teuer ohne industrielle Tierhaltung, und somit ein Symbol des Reichtums. Die Beliebtheit des Manioks ist allerdings nicht so alt wie viele denken. Erst im 15. Jahrhunderts brachten die Portugiesen die Pflanze aus Brasilien mit in den Kongo. Auch der aus Mexico stammende Mais fand so seinen Weg auf den Kontinent. Zuvor waren  Kochbanane, Süßkartoffeln  und  Sorghum oft gesehene. Speisen, die durch gesammelte Termiten, Schnecken, Larven , Raupe und wildem Honig ergänzt wurden.  Palmöl wurde auch bereits vor Ankunft der Europäer produziert. Um 500 nach  Chr.  wurden sogar Hunde, als auch Hühner und Ziegen gehalten. Es war kein schlechtes Leben bevor die ‚Mondele‘ ankamen.
Leopolds zerstörerische Wirkung machte auch nicht halt vor den Speisetellern der Kongolesen. Oder bessergesagt ihrer Gärten. Um mehr zu arbeiten, und weniger Zeit mit dem Anbau von verschieben Sorten zu ‚vergeuden‘, wurde Maniok zum Hauptnahrungsmittel erkoren. Leicht anzubauen und mit hohem Energie-Gehalt, ideal für seine ausbeuterischen Tätigkeiten im Kongo.

Mit der Übernahme des Belgischen Staates wurde das Land  industrialisierten – inklusive des Agrarbereiches. Zwischen  1908-1921 wurden Plantage für Kaffee, Kakao, Tabak und Palmöl angelegt. Um 1930 wurden Baumwollplantagen etabliert, die den Kongo zum größten afrikanische Produzent von Baumwolle bis 1960 machen würden!

Heute gibt es keine Baumwollproduktion mehr.

Die Produktivität der Landwirtschaft im Allgemeinen fiel seit 1960, dem Jahr der Unabhängigkeit,  kontinuierlich. Den Rückgang der Produktion von Kaffee, Kakao, Tee, Kautschuk, Ölpalmen und Baumwolle bezeichnet die Weltbank als „spektakulär“. Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit war der Kongo das zweitgrößte Exporteur von Palmöl in der Welt, nach Malaysia , aber vor Indonesien. Seit 1985 exportiert es kein Palmöl mehr, Bananen und Erdnussöl Exporte wurden bereits im Jahr 1970 gestoppt und Baumwolle im Jahr 1977.
Heute (2013) importiert die Demokratische Republik Kongo mehr als 50.000 Tonnen Palmöl im Jahr.

Der Zusammenbruch der kommerziellen Landwirtschaft kann man Mobutu‘s " Zairianisation " von 1973 zuschreiben. Dem Jahr in dem der größte Kleptocrat der Welt  all Ausländer aus ‚seiner‘ Wirtschaft schmiss, und sämtliche Unternehmen an seine Freunde und Verwandt verteilte.
Der  anhaltende Krieg seit 1997 tat ein Weiteres. In den 1990er Jahren war die Landwirtschaft immer noch 50% der Staatseinnahmen, aber nur weil alle anderen Bereiche (Besonders der Bergbau im Osten) einen noch größer Einbruch oder ‚ Zusammenbruch’ erlitten. Nicht umsonst ist der DR Kongo das einzige Land der Welt, in dem das BIP von 2013 unter dem von 1960 liegt. Wahrlich ein trauriger Weltrekord.  
Ein Wiederaufbau der Landwirtschaft hält großes Potential die Armut der Menschen zu verringern, heißt es. Erstens weil sie arbeitsintensive ist und somit viele Arbeitsplätze bietet. Zweitens weil Einkommen aus  landwirtschaftlicher Tätigkeit für  lokal-produzierte Waren und Dienstleistungen ausgegeben werden. Und drittens senkt Wachstum in der landwirtschaftlichen Produktion den Preis von Lebensmitteln, und sorgt somit zum Vorteil der Gesamtbevölkerung.  

Die DR Kongo hat insgesamt 80 Millionen Hektar Ackerland, von denen derzeit  nur 9 % genutzt werden. Die Vielfalt der agro- klimatischen Bedingungen, die reichlich vorhanden und regelmäßige Niederschläge, also auch große Mengen von Oberflächenwasser würde eine stark diversifizierte Produktion erlauben. Das Kongo-Becken bietet ein günstiges Klima für den Anbau von Ölpalmen, Kautschuk, Kaffee, Kakao, Bananen und Maniok, während die Savanne besser für Baumwolle, Getreide, Hülsenfrüchte und Viehzucht geeignet ist. Die Bergregionen im Osten des Landes, wo das Klima relativ gemäßigt ist, ist perfekt für Kaffee, Tee , Kartoffeln und Viehhaltung. Auf den weiten Gebiete die als  Weiden nutzbar wären, könnten mehr als 40 Millionen Rinder gehalten werden. Derzeit gibt es im ganzen Kongo nur rund 700.000 Rinder.

Trotz all diesem Potential, war die Nahrungsmittelproduktion in den letzten Jahren nicht mal genug um die Anforderungen der eigenen Bevölkerung zu decken, Export wie bereits erwähnt, ausgeschlossen. Die Importe von Reis, Mais und Palmöl haben erheblich zugenommen, trotzdem leben viele Menschen, vor allem in städtischen Gebieten, unter großer Nahrungsunsicherheit.

Probleme, die behoben werden müssen, gibt es viele:  der Zugang zu Krediten (die große Mehrzahl der Kongolesen hat kein Konto und auch noch keine Bank von innen gesehen – am Zahltag läuft der Buchhalter somit oft mit großen Säcken voller Bargeld herum…), ungeeignete Anbaumethoden,  fehlendes landwirtschaftliches  Wissen, kein oder schlechtes Saatgut, hohen Anfälligkeit gegenüber Pflanzen-Krankheiten und Schädlingen, extrem hohe Ernteverluste,  sowie Mangel an landwirtschaftlichen Maschinen. Korruption und systematische Erpressung von amtlichen Stellen und bewaffneten Gruppen, als auch Schlechte (oder gar keine) Infrastruktur um den Transport zu einem Markt zu gewährleisten.
Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit des Kongo bestand ein Verkehrsnetz von 152.000 km Autobahnen und Landstraßen, 16.200 km Wasser Routen und 5.000 km Gleisanlagen. Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung  ist ein großer Teil dieses Netzwerks jedoch nicht mehr betriebsbereit.

Neben der oft gestellten  Frage der Landrechte (Eigentum war traditionelle immer kommunal – einzelne eigene Flächen gibt es demnach nicht), besteht im Kongo ein paradoxer Arbeitskräftemangel trotz der großen Arbeitslosigkeit (um die 80%), da wie die Weltbank berichtet:  " die meisten großen landwirtschaftlichen Betriebe nicht nur Probleme bei der Mobilisierung von Fachkräften angeben (landwirtschaftliche Techniker, Mechaniker, Fahrer von landwirtschaftlichen Maschinen) , sondern auch Problem ungelernte Kräfte zu finden. Qualifizierte Techniker sind extrem selten und große landwirtschaftliche Betriebe müssen ihr Personal oft selbst auszubilden. Dies führt nicht nur zu zusätzlichen Kosten, aber auch zu der oft beschriebenen Gefahr, dass Mitarbeiter nach der Ausbildung  gehen, um Arbeit anderswo zu suchen. Noch dazu  ist die Arbeitsproduktivität in der Regel sehr gering und weiter gedrückt durch eine hohe Fehlzeiten (bis zu 20%). Keine einfache Situation also. Die Weltbank spricht demensprechend über  "die Notwendigkeit für erhebliche ausländische Investitionen " um den  Agrarsektor wiederzubeleben.
Aber genau das halte ich für das Problem – die ausländische Einmischung in Aufgaben die ganz klar die nationale Regierung eines Landes angehen sollte.  Das Vertrauen, ja die Sucht nach ausländischer Unterstützung  war in den letzten Jahrzehnten groß, im (basierend auf dessen Bodenschätzen) reichsten Land der Welt. Die Regierung sollte gezwungen werden  mehr Geld für den öffentlichen Haushalt als für das eigenen Gehalt auszugeben. Reybrouch schreibt in seinem Buich  ( "Congo - eine Geschichte " ), dass der Haushalt 2005 für den Präsidenten  8-mal höher  liegt als die Ausgaben im Gesundheitswesen und 6-mal höher als der Agrarhaushalt war. Kabila Junior kann also auf großem Fuß leben, weil er weiß, dass internationale Organisationen es „schon richten werden“ wenn es zu der armen und hungernden Bevölkerung seines Landes kommt. Aber wer soll bitteschön sein neune(n) Geländewagen kaufen? Na eben. Dafür braucht Mann schon mal 8-mal soviel  wie 65 millionen Menschen für ihre Gesundheitswesen.
Frechheit hoch 10. Allerdings nichts Neues.  Als  Kabila Senior in 2000 verstarb (bzw. von seinem eigenen Kinder-Soldat ermordet wurde), war das Erste was die Parlamentarier veranlassten:  ihre Gehälter zu erhöhen. Von $ 600 auf $1200 pro Monat, und für Senatoren von $500 auf und in 2007 dann gleich noch mal auf $ 4,500 bzw. $ 6,000 pro Monat in 2008. Im Vergleich: ein Professor erhält $ 30 pro Monat.
Die Weltbank schreibt der Kakao Industrie große Hoffnung im Kongo zu. Auch ich wäre hocherfreut wenn wir hier unsere eigenen Schokolade herstellen würden. Dazu braucht man aber eine willige  Regierung, die u.a. in die Landwirtschaft investiert. Große Töne spucken sie alle. Kabila’s Regierung verspricht seit 2002 bereits jedes Jahr 10% des Haushaltes für die Landwirtschaft zu investieren. 

Basierend auf Weltbank Daten waren es 0.8% 2002, 2.5% 2003, 1.3% 2004, 1.5% 2005, 1.6% 2006 und 1.7% 2007…

Fazit: In erster Linie braucht das Land eine engagierte Regierung
Und die Frage bleibt nicht aus, ob ein Abzug aller internationalen Hilfsorganisationen, die das kongolesische Budget die letzten Jahre aufgebessert haben, nicht eine bessere Strategie ist und Kabilas Regierung vor ihre Aufgabe und ihre Verantwortung zu stellen. Vielleicht auch weil der Druck vom Volk selbst endlich zu groß würde um ihn weiter im militärischen (diktatorischen) Mitteln zu unterdrücken.  Die nächste Frage wäre dann was ich hier tue….

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